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Probleme der angewandten Quantenchemie

 
Schriftenreihe des URZ der TU Dresden (1994), Heft 5, S. 18
J. Fabian, M. Mann


 

Mit der rasch fortschreitenden Entwicklung der Computertechnik verbesserte sich die Lage der Quantenchemie grundlegend. Jetzt sind prinzipell genäherte Lösungen in "chemischer Genaugkeit" zu erhalten. Mit Hilfe der sogenannten ab initio quantenchemischen Methoden werden die Molekül- und Elektronenstruktur zunächst dadurch berechnet, daß jedes durch eine Einelektronenmolekülfunktion beschriebene Elektron im gemittelten Feld der restlichen Elektronen betrachtet wird (HARTREE-FOCK-Methode). Zumeist erfolgt danach eine Berücksichtigung der Elektronenkorrelation auf verschieden hohen Nivaus (post-HARTREE-FOCK-Methoden).

Zur Lösung wendet man das Variationsprinzip oder die Störungstheorie an. Mit der Zahl der Variationsfunktionen n steigt aber die Rechenzeit bei der erstgenannten Methode mit n4, bei den letztgenannten Methoden sogar mit n5 bis n8 an. In der Regel sind bei diesen Berechnungen zudem die Geometrien des N-atomigen Moleküls nach den 3N-6 Freiheitsgraden (bei nichtlinearen Molekülen) zu optimieren (Gradientenmethoden) und die Sattelpunkte zwischen den Minima der Energiefläche (BORN-OPPENHEIMER-Potentialhyperfläche) zu finden. Die Kenntnis der Sattelpunkte ist für die Berechnung der Reaktionsbarrieren wichtig. Der Nachweis der Existenz von Minima und Sattelpunkten auf der Potentialfläche erfordert die Berechnung der zweiten Ableitungen, die wiederum die Schwingungsfrequenzen liefern. Sie werden gebraucht, wenn der Berechnung von Moleküleigenschaften eine Berechnung von Stoffeigenschaften folgen soll.

Ab initio quantenchemische Berechnungen stellen höchste Anforderungen an Arbeits- und Plattenspeicher. Die Rechnungen erfolgen iterativ und es werden dabei schon bei relativ kleinen Molekülen Millionen von Integralen wiederholt berechnet und gespeichert, bis die Konvergenzschranke erreicht ist. Um die I/O-Zeit möglichst gering zu halten, sind sogenannte direkte Mehoden entwickelt worden, die aber die grundsätzliche Notwendigkeit großer Speicherkapazität beispielsweise bei Integraltransformationen nicht ändern.

Wegen der zwangsläufigen Begrenzungen für Berechnungen hinsichtlich der Molekülgröße und des noch ausführbaren Niveaus der quantenchemischen Näherung ist die Projektierung der noch möglichen Arbeiten völlig an die verfügbare Rechentechnik gebunden. In der angewandten Quantenchemie liegt ein permanenter Bedarf an Rechenzeit an Hochleistungsrechnern vor. Die Verfügbarkeit von mehr Rechenkapazität ist höchst dringlich, da eine anwenderfreundliche Software und die Weiterbildung den experimentellen Chemiker jetzt in die Lage versetzt, quantenchemische Methoden ebenso wie spektroskopische Methoden einzusetzen und in Qualifikationsarbeiten zu nutzen. Da von Chemikern die Promotion als Hochschulabschluß erwartet wird, werden die Rechenzeiten drastisch ansteigen. Der Entwicklungsstand der fast ausschließlich genutzten kommerziellen Software läßt zur Zeit einen Umstieg auf parallele Rechentechnik nicht zu.

Abhängigkeit des Ressourcenbedarfs von der Zahl der Atome im Molekül (Optimierung auf HARTREE-FOCK-Niveau mit 20 Schritten auf der IBM3090):

SummenformelZahl der BasisfunktionenCPU-Zeit in minPlattenspeicher in MByte
C2H2S27215051
C2H2S391500174
C4H4S2106900234
C4S2N21281500414
C4H2S41402800580

In der Arbeitsgruppe theoretische organische Quantenchemie werden gegenwärtig Untersuchungen an schwefelorganischen Verbindungen mit post-HARTREE-FOCK-Methoden durchgeführt (mit den begrenzenden Limits von RS6000-Workstations). Die Untersuchungen geben Auskunft über Struktur-Eigenschafts-Beziehungen (einschließlich spektroskopischer Daten) und helfen halbempirische oder empirische Modelle der Chemie zu verbessern.

Während die Geometrien klassischer Strukturen durch eine Mehrkörperstörungstheorie 2. Ordnung auf der Grundlage einer Einkonfigurationsdarstellung (Basis 6-31G*) ausreichend gut erhalten werden, erfordern die Berechnungen spektroskopischer Anregungs- und reaktiver Übergangszustände wie auch die Berechnung nicht-klassischer (diradikaloider) Stukturen einen Mehrkonfigurationsansatz, bei dem statische und dynamische Korrelationseffekte berücksichtigt werden. Mit der verfügbaren Rechentechnik sind bisher Berechnungen an größeren Molekülen (10 "schwere" Atome) auf diesem Niveau unmöglich. Biochemische Strukturen (z.B. schwefelorganische Verbindungen in der AIDS-Forschung) sind in der Regel komplizierter und können mit Methoden der ab initio Quantenchemie derzeit nicht behandelt werden.

 
 

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